Komposition

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Definition

Neben der Derivation (Ableitung) gehört die Komposition (Wortzusammensetzung) zu den wichtigsten Wortbildungsprozessen der deutschen Sprache. Als Komposition bezeichnet man den Vorgang der Wortbildung, bei dem aus mindestens zwei freien Morphemen ein neues Wort gebildet wird. Bei diesem Prozess werden oft Fugenelemente verwendet, die auf die Flexionsendung zurückgeführt werden können, deren ursprüngliche Funktion und Bedeutung aber verlorengegangen ist. Die Komposition ist ein Prozess, welcher nicht mit dem Ergebnis (Kompositum) dieses Vorgangs verwechselt werden darf. In einer sich immer weiter entwickelnden Sprachgemeinschaft entsteht ein großes Bedürfnis nach der Bildung neuer Wörter. Dieses Bedürfnis entwickelt sich aus dem Drang des Menschen heraus, alles, was er kennenlernt, empfindet, erfindet, entwirft, ahnt und plant, auch zu benennen. Dementsprechend entstehen Kompositionen durch unterschiedliche Bildungsprozesse und werden durch unterschiedliche kommunikative und kognitive Prozesse gesteuert.

Eigenschaften

Bildungsprozesse der Komposition

Kompositionen können aus sprachstruktureller Notwendigkeit heraus entstehen, wenn ein Wort seine Transparenz verliert und im Zeichensystem der Sprache als isoliert angesehen wird, denn aus dem Drang heraus wird man motiviert den Ausdruck durch einen neuen Ausdruck zu ersetzten, der im Sprachbewusstsein verankert ist und erfassender erscheint. Dieses Phänomen fördert die Bildung neuer Wörter aus dem Sprachschatz der deutschen Sprache und hemmt gleichzeitig die Tendenz der Übernahme von Fremdwörtern (z.B. Lenz [=Frühlingszeit, Lebensjahr, Frühling] ist zu unmotiviert geworden und wurde zunehmend durch Früh-ling ersetzt).

Neben der sprachstrukturellen gibt es auch eine grammatische Notwendigkeit der Kompositionsbildung. Hier geht es darum die Mängel in der Grammatik (z.B. in Bezug auf das Fehlen einiger Pluralformen) zu beseitigen(z.B. Schnee und Schneemassen, Liebe und Liebschaften).

Einer der wichtigsten Gründe für die Kompositionsbildung liegt in der Notwendigkeit der Syntax. Oft dient die Univerbindung zweier Morpheme zur Herstellung einer handlichen Kürzung für den Alltagsgebrauch. Eine Univerbindung schafft Klarheit und Genauigkeit durch die Verwendung eines weniger komplexen Wortes, statt einer umständlichen Erklärung. Dieser Prozess erspart weitschweifige Umschreibungen und schafft prägnante Verständigung. Nicht nur das Verlangen nach Kürzungen, sondern gerade die Entstehung einer Komposition aus dem Bedürfnis heraus, eine fixierte sprachliche Bezeichnung für ein weit umschriebenes Phänomen zu finden, sind von größter Bedeutung. Die Bildung von Kompositionen wird in der Syntax dazu genutzt, das im Text bereits Erwähnte aufzugreifen und Dopplungen zu vermeiden, welches zur Ausdrucksverbesserung führt. Die Komposition in der Syntax erlaubt den Wechsel der Wortart (Transposition) und damit auch einen vermehrten Einsatz von Grundmorphemen, abhängig von Situation und Kontext.

Der Wunsch nach der Bildung von Kompositionen kann auch darauf beruhen, dass schon bereits Benanntes neu benannt werden muss, teils aus stilistischen Gründen in poetischen Texten, teils aber um die Modernisierung einer Sache (z.B. in der Technik) einzubeziehen, den sprachlichen Ausdruck zu modernisieren und den veralteten Ausdruck zu ersetzten. Oft wird dieses Bedürfnis geweckt, wenn der alte Ausdruck zu wenig anschaulich und nicht mehr ausdrucksstark erscheint, eine bestimmte Wertung oder Sichtweise enthält oder für abgenutzt erachtet wird. Dabei spricht man von einer objektiven Ausdrucksnotwendigkeit, die mit der reinen Benennung einer Sache einhergeht. Bei der subjektiven Ausdrucksnotwendigkeit geht es nicht mehr um die Benennung allein, sondern um die beabsichtigte Wirkung auf den Hörer. Auf diese Weise werden Wortneubildungen nicht selten dazu verwendet, Meinungen zu beeinflussen, sich von anderen Standpunkten abzugrenzen, Verhalten zu steuern oder einen gewünschten Gegenstand zu beleuchten. Davon macht in erster Linie die Politik und die Werbebranche Gebrauch.

In der deutschen Sprache dient die Komposition unter anderem auch der Bildung von Taxonomien zur Erweiterung der Sprache. Somit dient die Komposition vor allem der Bildung von Unterkategorien zu bereits bestehenden Kategorien (z.B. Wagen--> Sportwagen). Dieses Phänomen lässt sich ferner dadurch erklären, dass man einem Begriff nicht zu viele Bedeutungen zukommen lassen will, wodurch Unklarheiten vermieden werden sollen. Durch die Erweiterung eines Begriffes und durch die Ergänzung mit einem Morphem verliert der Begriff seine Mehrdeutigkeit, die Polysemie nimmt ab.

Regeln der Wortbildungsprozesse

Bei der Komposition, wie auch bei anderen Wortbildungsprozessen, folgt der Sprecher meist unbewusst und intuitiv einem „internalisierten Regelsystem“ (innerlich), welches jeder Sprecher aufgrund der erworbenen Sprachkompetenz besitzt. Jedem Sprecher steht ein Spielraum zur Verfügung, demnach hat er die Wahl, ob Zusammensetzungen oder Ableitungen verwendet werden sollen und er trifft auch die Entscheidung darüber, ob die Wortklasse beibehalten oder gewechselt werden soll. Außerdem kann der Sprecher verschiedene Affixe, die eine ähnliche Bedeutung tragen, an das Wort anhängen (z.B. Briefmarke an-/befeuchten). Bei den Wortbildungsprozessen können auch einige Einschränkungen vorliegen, wie bei der Affinität der Affixe zu bestimmten Morphemen und Einschränkungen im Bereich der Zusammensetzungen. Die Einschränkungen werden bei den Kopulativkomposita am deutlichsten, denn hier sind die beiden Komponenten parataktisch miteinander verbunden. Ein Kopulativkompositum muss also aus zwei gleichwertigen, wortfähigen Grundmorphemen der gleichen Wortklasse aufgebaut sein, wobei die beiden Komponenten auch durch die Konjunktion und miteinander verbunden werden können (z.B. süß-sauer). Bei den hypotaktisch verbundenen Determinativkomposita gelten andere Regeln, da hier die beiden Komponenten nicht derselben Wortklasse angehören müssen. Die Reihenfolge der beiden Komponenten ist dabei streng festgelegt. Dementsprechend ist das Erstglied eines Determinativkompositums immer das Bestimmungswort und das Zweitglied bildet das Grundwort. Das Grundwort bestimmt in der Regel die Wortklasse und die grammatischen Eigenschaften des Kompositums. Bei Determinativkomposita mit einem Adjektiv als Erstglied ist auffällig, dass dem Zweitglied meist eine betonte Silbe voransteht, das Erstglied ist in diesem Fall also endbetont oder einsilbig (z.B. Elementár-schule, Ált-stadt).

Literatur

  • Pörings, Ralf; Schmitz, Ulrich(2002): Sprache und Sprachwissenschaft. Eine kognitiv orientierte Einführung. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Tübingen: Narr Verlag.
  • Erben, Johannes(1993): Einführung in die deutsche Wortbildungslehre. 3., neubearbeitete Auflage. Berlin: Schmidt Verlag.