Wortfeld

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Ein Wortfeld ist eine Menge von partiell synonymen Lexemen, denen ein gleicher bzw. ähnlicher Inhalt bzw. Bedeutungskern zugeschrieben wird. Das Wortfeld ist zu unterscheiden von der Wortfamilie, bei der ein gleicher bzw. ähnlicher Stamm die Zusammengehörigkeit verschiedener Wörter bzw. Lexeme begründet.

Beispiele

Die Lexeme sterben, verscheiden, erfrieren, verhungern, abkratzen etc. bilden das Wortfeld 'Zuendegehen des Lebens', die Lexeme laufen, rennen, wandern, pilgern, spazieren, schlendern etc. das Wortfeld 'Fortbewegung'.

In Fällen, in denen es sich um eine Menge gleichgearteter und/oder gleichfunktionaler Gegenstände bzw. Sachen handelt, spricht man bisweilen auch von 'Sachfeld', z.B. beim Wortfeld 'Sitzmöbel': Stuhl, Hocker, Schemel, Sessel, Bank, Sofa etc.

Kommentare

Grundgedanke der Theorie vom Wortfeld ist die Hypothese, dass

  • (a) sich der gesamte Wortschatz einer Sprache in Felder ordnen lässt (Prinzip der Ganzheit),
  • (b) die zu einem Feld gehörenden Lexeme dessen Bedeutungsspektrum lückenlos abdecken (Prinzip der Lückenlosigkeit),
  • (c) die Lexeme eines Feldes eine Hierarchie bilden (Prinzip der hierarchischen Ordnung) und
  • (d) sich die Bedeutungen der Lexeme eines Feldes wechselseitig bestimmen (Prinzip der wechselseitigen Bedeutungsbestimmung).

Gängige Methode zur Ordnung und Differenzierung von Wortfeldern ist die Merkmalanalyse, wie sie z.B. von Baumgärtner (1967), Hundsnurscher (21971) oder Coseriu (1979) vorgeführt wird.

So wird z.B. das bedeutungsunspezifische Lexem sterben spezifiziert durch die Merkmale 'durch Mangel an Nahrung' (verhungern), 'durch Mangel an Flüssigkeit' (verdursten), 'durch Mangel an Luft' (ersticken), 'durch Mangel an Blut' (verbluten) oder durch die Merkmale 'durch Einwirkung von Kälte' (erfrieren), 'durch Einwirkung von Hitze' (verbrennen).

So umstritten auf der einen Seite die Methoden und Ergebnisse der bisherigen Wortfeldtheorie sind, so kommt ihr auf der anderen Seite das Verdienst zu, einen wichtigen Beitrag zur Aufdeckung und Beschreibung der zwischen den Einheiten des Wortbestandes bestehenden semantischen Beziehungen geleistet zu haben, die auch in neueren Semantiktheorien aufgegriffen werden (vgl. Firzlaff & Kunz 1996).

Hierbei ist ein starker Wandel der Wortfeldkonzeptionen zu beobachten: von einem klar umgrenzten, als nicht-überlappenden Wortmosaik gedachten Sinnbezirk (Trier 1973:50) zu flexibleren Explikationen zwecks Erfassung komplexerer semantischer Strukturen unter Berücksichtigung hierarchischer semantischer Beziehungen.

Innerhalb der romanischen Sprachwissenschaft gilt der Begriff Wortfeld als zentrales Paradigma der strukturellen lexikalischen Semantik, als structure fondamentale du lexique (Geckeler 1997:93).

Zur Wortfeldtheorie gehören Sinnrelationen (Synonymie, Hyponymie, Meronymie, Antonymie) und die Komponentenanalyse.

Synonyme

  • Bedeutungsfeld
  • Begriffsfeld
  • Sachfeld
  • lexikalisches Feld
  • Sinnbezirk

Ursprung

Erstmals verwendet bei Trier (1931).


Link

Wortfeld in Norbert Fries, Online Lexikon Linguistik


Siehe auch

Literatur

  • Backhouse, A. E. 1994. The Lexical Field of Taste: Semantic Study of Japanese Taste Terms. Cambridge: Cambridge University Press.
  • Baumgärtner, K. 1967. Die Struktur des Bedeutungsfeldes. In: Moser, H. (Hrsg.): Satz und Wort im heutigen Deutsch. Probleme und Ergebnisse neuerer Forschung. Düsseldorf: Pädagogischer Verlag Schwann. 165–197.
  • Coseriu, E. 1967. Lexikalische Solidaritäten. In: Poetica 1967/1. 293–303.
  • Coseriu, E. 1979. Zur Vorgeschichte der strukturellen Semantik: Heyses Analyse des Wortfeldes 'Schall'. In: Coseriu, E.: Sprache – Strukturen und Funktionen. Tübingen: Narr. 149–159.
  • Firzlaff, Beate / Kunz, Daniela S. 1996. Discourse Semantics Meets Lexical Field Semantics. In: Center for Sprogteknologi (Hrsg.) Proceedings of the 16th international Conference on Computational Linguistics (COLING-96). Copenhagen. 382–387.
  • Geckeler, H. 1971. Strukturelle Semantik und Wortfeldtheorie. München: Fink.
  • Geckeler, H. 1995. Le Champ Lexical, Structure Fondamentale du Lexique. In: Hoinkes, U. / Dietrich, W. (Hrsg.): Panorama der Lexikalischen Semantik. Tübingen: Narr. 93–103.
  • Hoberg, R. 1970. Die Lehre vom sprachlichen Feld. Düsseldorf: Schwann.
  • Hundsnurscher, F. 21971. Neuere Methoden der Semantik. Tübingen: Niemeyer.
  • Karcher, Günther L. 1979. Kontrastive Untersuchung von Wortfeldern im Deutschen und Englischen. Frankfurt/Main: Lang.
  • Lutzeier, Peter R. 1981. Wort und Feld. Tübingen: Niemeyer.
  • Lutzeier, Peter R. (Hrsg.). 1993. Studien zur Wortfeldtheorie. Tübingen: Niemeyer.
  • Radünzel, C. 1998. Das Wortfeld 'Behinderter' im Deutschen und seine russischen Entsprechungen. Bern: .
  • Schmidt, Lothar (Hrsg.). 1973. Wortfeldforschung. Zur Geschichte und Theorie des sprachlichen Feldes. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
  • Schumacher, Helmut (Hrsg.). 1986. Verben in Feldern. Valenzwörterbuch zur Syntax und Semantik deutscher Verben. Berlin: de Gruyter.
  • Soennecken, S. 1993. Misogynie oder Philogynie? Philologisch-theologische Untersuchungen zum Wortfeld 'Frau' bei Augustinus. Bern:.
  • Storjohann, P. 2003. Diachronic Constrastive Lexical Field Analysis of Verbs of Human Locomotion in German and English. Bern:.
  • Sylvester, L. 1994. Studies in the Lexical Field of Expectation. Amsterdam:.
  • Tóth, Jószef (Hrsg.). 2004. Quo vadis Wortfeldforschung? Frankfurt/Main: Lang.
  • Trier, Jost 1931. Der deutsche Wortschatz im Sinnbezirk des Verstandes. Die Geschichte eines sprachlichen Feldes. Heidelberg: Winter.
  • Trier, Jost 1973. Aufsätze und Vorträge zur Wortfeldtheorie. Den Haag: Mouton.

Andere Sprachen

englisch lexical field; französisch champ lexical