Rahmen (frame)

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Unter dem Begriff Rahmen versteht man den im Gedächtnis gespeicherten Organisationskomplex an Kenntnissen über typische Situationen, Ereignisse und Handlungen.

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Die von Minsky (1975) entwickelte Rahmentheorie ist eine Variante der Schematheorie. Der Begriff Rahmen ist ein Konstrukt der Kognitionsforschung und bezeichnet einen Komplex von Kenntnissen über alltägliche Realitätsausschnitte (Situationen, Ereignisse, Handlungen). Rahmen sind danach globale Muster, die Alltagswissen über zentrale Konzepte speichern (z. B. Kindergeburtstagsfeier).

Nach van Dijk sind Rahmen bestimmte Organisationsformen für das konventionell festgelegte Wissen, das wir von der »Welt« besitzen. Rahmen bilden daher einen Teil unseres semantischen allgemeinen Gedächtnisses, [. . .] (van Dijk 1980: 169), sind eine Form mentaler Organisation [. . .] für komplexe stereotype Handlungen und Ereignisse (170). Van Dijk erklärt, dass Rahmen als Konzept-Strukturen aus Propositionen bestehen, die sich auf stereotype Ereignisse beziehen (170).

Nach Lewandowski entwickeln sich komplexere Rahmen zu Szenen, Szenenfolgen zu Skripts bzw. Plänen (z. B. »Essen im Restaurant«, »Reisen mit der Eisenbahn«, »Einkaufen« usw.) (Lewandowski 1990: 849).

Nach van Dijk ist Rahmen-Wissen zum Verständnis von Texten wichtig. Danach können Rahmen auch auf neue Situationen angewandt werden, allerdings manchmal nur in modifizierter Form.

  • Ein Rahmen besteht nicht nur aus »festen« oder »notwendigen« Teilen, sondern auch aus einer Anzahl von variablen »Schlüssen«, die den gleichen Rahmen für eine große Menge von ähnlichen Situationen anzuwenden ermöglichen; [. . .] (van Dijk 1980: 170).

Nach van Dijk provoziert die Aktualisierung des Rahmen-Wissens bei Textrezipienten Rahmen-Erwartungen, Erwartungen über weitere Abläufe, weitere Informationen, zum Rahmen »Zugreise« z. B.: Bahnhof, Fahrkarte, einsteigen (van Dijk 1980: 184).

Die nicht den Rahmen-Erwartungen entsprechenden Textinformationen bilden nach van Dijk die spezifische Information eines Textes (185). Oft verwendete Rahmen sind nach van Dijk schneller verfügbar als andere (192).

Siehe auch

Schema, rezeptive Textverarbeitung, Textproduktion, Wissenssysteme, inferieren, Texterwartung

Andre Sprache

englisch frame

Link

Eva Schoenke, Textlinguistik-Glossar

Literatur

  • van Dijk, Teun A.. 1980. Textwissenschaft. Eine interdisziplinäre Einführung. Tübingen: Niemeyer. (niederländisch 1978. Tekstwetenschap. Een interdisciplinaire inleiding. Utrecht/Antwerpen: Het Spectrum).
  • Lewandowski, Theodor. 1990. Linguistisches Wörterbuch 1-3 (= UTB 1518). 5. Auflage. Heidelberg/Wiesbaden: Quelle & Meyer. (1. Auflage 1973).
  • Minsky, Marvin. 1975. A Framework for Representing Knowledge. InThe Psychology of Computer Vision. Winston, Patrick H. (ed.), 211 - 277. New York: McGraw-Hill. (1980 gekürzt abgedruckt in: Frame Conceptions and Text Understanding (= Research in Text Theory 5). Metzing, Dieter (ed.), 1-25. Berlin/New York: de Gruyter.