Difference between revisions of "Junggrammatiker"

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Der Begriff '''Junggrammatiker''' bezeichnet eine Gruppe von Sprachwissenschaftlern, die sich in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts in Leipzig bildete.   
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Der Begriff '''Junggrammatiker''' bezeichnet eine Gruppe von Sprachwissenschaftlern, die sich in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts in Leipzig bildete.  <br>
Die Junggrammatiker sehen die Sprachwissenschaft ausschließlich als diachronische, als historisch-vergleichende Disziplin. Das kommt in dem wohl wichtigsten Werk dieser Zeit, den „Prinzipien der Sprachgeschichte“ von Hermann Paul zum Ausdruck: „''Die Sprache ist wie jedes Erzeugnis menschlicher Kultur ein Gegenstand der geschichtlichen Betrachtung''“ (Paul 1995, S. 1).  Neben Pauls „Prinzipien“ wird vor allem das Vorwort zum Teil 1 der von Karl Brugmann und Hermann Osthoff herausgegebenen „Morphologischen Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen“ (abgedruckt in Christmann 1977, S. 190-205) als Manifest der Junggrammatiker angesehen.
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Die Junggrammatiker sehen die Sprachwissenschaft ausschließlich als diachronische, als historisch-vergleichende Disziplin. Das kommt in dem wohl wichtigsten Werk dieser Zeit, den „Prinzipien der Sprachgeschichte“ von Hermann Paul zum Ausdruck: „''Die Sprache ist wie jedes Erzeugnis menschlicher Kultur ein Gegenstand der geschichtlichen Betrachtung''“ (Paul 1995, S. 1).  Neben Pauls „Prinzipien“ wird vor allem das Vorwort zum Teil 1 der von Karl Brugmann und Hermann Osthoff herausgegebenen „Morphologischen Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen“ (abgedruckt in Christmann 1977, S. 190-205) als Manifest der Junggrammatiker angesehen. <br>
In Anlehnung an die Naturwissenschaft postulierte die Gruppe, dass alle Lautgesetze ohne Ausnahme wirken. Dort, wo dieser Anspruch nicht greift, wirkt als Ergänzung das Analogieprinzip. Es beschreibt, wie sich sprachliche Formen an schon bestehende Formen angleichen. Die Junggrammatiker kehrten sich von der Auffassung ihres Vorgängers August Schleicher ab, dass Sprache ein natürlicher Organismus sei. Vielmehr sahen sie Sprache als psychisch-physische Tätigkeit, bei der sowohl das Gehirn als auch der Artikulatiosapparat zusammenarbeiten. In den Mittelpunkt wurde die Sprachtätigkeit des einzelnen Sprechers, des Individuums gerückt, von welchem jeglicher Wandel ausgeht.
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In Anlehnung an die Naturwissenschaft postulierte die Gruppe, dass alle Lautgesetze ohne Ausnahme wirken. Dort, wo dieser Anspruch nicht greift, wirkt als Ergänzung das Analogieprinzip. Es beschreibt, wie sich sprachliche Formen an schon bestehende Formen angleichen. Die Junggrammatiker kehrten sich von der Auffassung ihres Vorgängers August Schleicher ab, dass Sprache ein natürlicher Organismus sei. Vielmehr sahen sie Sprache als psychisch-physische Tätigkeit, bei der sowohl das Gehirn als auch der Artikulationsapparat zusammenarbeiten. In den Mittelpunkt wurde die Sprachtätigkeit des einzelnen Sprechers, des Individuums gerückt, von welchem jeglicher Wandel ausgeht. <br>
Viele der wissenschaftlichen Arbeiten der Junggrammatiker beruhen auf Untersuchungen zur indogermanischen Sprachfamilie. Ihre Beschreibungen von Sprache konzentrieren sich hauptsächlich auf die Lautebene.
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Viele der wissenschaftlichen Arbeiten der Junggrammatiker beruhen auf Untersuchungen zur indogermanischen Sprachfamilie. Ihre Beschreibungen von Sprache konzentrieren sich hauptsächlich auf die Lautebene, doch spielten auch Morphologie und Syntax eine Rolle.
  
Zu den wichtigsten Vertretern der Junggrammatischen Schule zählen August Leskien (1840-1916), Berthold Delbrück (1842-1922), Hermann Paul (1846-1921), Hermann Osthoff (1847-1909), Karl Brugmann (1849-1919), Eduard Sievers (1850-1932) und Otto Behaghel (1854-1936).
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Zu den wichtigsten Vertretern der Junggrammatischen Schule zählen:
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*[[August Leskien]] (1840-1916)  
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*[[Berthold Delbrück]] (1842-1922)  
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*[[Hermann Paul]] (1846-1921)  
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*[[Hermann Osthoff]] (1847-1909)  
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*[[Karl Brugmann]] (1849-1919)  
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*[[Eduard Sievers]] (1850-1932)  
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*[[Otto Behaghel]] (1854-1936).
  
'''Synonyme'''
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===Synonyme:===
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*[[Leipziger Schule]]
  
Leipziger Schule
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===andere Sprachen:===
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*Englisch: [[Neogrammarians]]
  
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===Literatur:===
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*Bartschat, Brigitte 1996: Methoden der Sprachwissenschaft. Von Hermann Paul bis Noam Chomsky. Berlin: Erich Schmidt.
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*Einhauser, Eveline 1989: Die Junggrammatiker. Ein Problem für die Sprachwissenschaftsgeschichtsschreibung. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier.
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*Christmann, Hans Helmut (Hrsg.) 1977: Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
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*Paul, Hermann 1995: Prinzipien der Sprachgeschichte. 10., unveränderte Auflage. Tübingen: Niemeyer.
  
'''andere Sprachen'''
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[[Category:Phonetics and phonology]]
englisch: Neogrammarians
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[[Category:Morphology]]
 
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[[Category:Syntax]]
'''Literatur'''
 
 
 
- Bartschat, Brigitte 1996: Methoden der Sprachwissenschaft. Von Hermann Paul bis Noam Chomsky. Berlin: Erich Schmidt.
 
 
 
- Einhauser, Eveline 1989: Die Junggrammatiker. Ein Problem für die Sprachwissenschaftsgeschichtsschreibung. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier.
 
 
 
- Christmann, Hans Helmut (Hrsg.) 1977: Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
 
 
 
- Paul, Hermann 1995: Prinzipien der Sprachgeschichte. 10., unveränderte Auflage. Tübingen: Niemeyer.
 

Latest revision as of 17:17, 3 August 2014

Der Begriff Junggrammatiker bezeichnet eine Gruppe von Sprachwissenschaftlern, die sich in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts in Leipzig bildete.
Die Junggrammatiker sehen die Sprachwissenschaft ausschließlich als diachronische, als historisch-vergleichende Disziplin. Das kommt in dem wohl wichtigsten Werk dieser Zeit, den „Prinzipien der Sprachgeschichte“ von Hermann Paul zum Ausdruck: „Die Sprache ist wie jedes Erzeugnis menschlicher Kultur ein Gegenstand der geschichtlichen Betrachtung“ (Paul 1995, S. 1). Neben Pauls „Prinzipien“ wird vor allem das Vorwort zum Teil 1 der von Karl Brugmann und Hermann Osthoff herausgegebenen „Morphologischen Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen“ (abgedruckt in Christmann 1977, S. 190-205) als Manifest der Junggrammatiker angesehen.
In Anlehnung an die Naturwissenschaft postulierte die Gruppe, dass alle Lautgesetze ohne Ausnahme wirken. Dort, wo dieser Anspruch nicht greift, wirkt als Ergänzung das Analogieprinzip. Es beschreibt, wie sich sprachliche Formen an schon bestehende Formen angleichen. Die Junggrammatiker kehrten sich von der Auffassung ihres Vorgängers August Schleicher ab, dass Sprache ein natürlicher Organismus sei. Vielmehr sahen sie Sprache als psychisch-physische Tätigkeit, bei der sowohl das Gehirn als auch der Artikulationsapparat zusammenarbeiten. In den Mittelpunkt wurde die Sprachtätigkeit des einzelnen Sprechers, des Individuums gerückt, von welchem jeglicher Wandel ausgeht.
Viele der wissenschaftlichen Arbeiten der Junggrammatiker beruhen auf Untersuchungen zur indogermanischen Sprachfamilie. Ihre Beschreibungen von Sprache konzentrieren sich hauptsächlich auf die Lautebene, doch spielten auch Morphologie und Syntax eine Rolle.

Zu den wichtigsten Vertretern der Junggrammatischen Schule zählen:

Synonyme:

andere Sprachen:

Literatur:

  • Bartschat, Brigitte 1996: Methoden der Sprachwissenschaft. Von Hermann Paul bis Noam Chomsky. Berlin: Erich Schmidt.
  • Einhauser, Eveline 1989: Die Junggrammatiker. Ein Problem für die Sprachwissenschaftsgeschichtsschreibung. Trier: Wissenschaftlicher Verlag Trier.
  • Christmann, Hans Helmut (Hrsg.) 1977: Sprachwissenschaft des 19. Jahrhunderts. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
  • Paul, Hermann 1995: Prinzipien der Sprachgeschichte. 10., unveränderte Auflage. Tübingen: Niemeyer.