Difference between revisions of "Distribuierte Morphologie"

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Die Distribuierte Morphologie ist eine von Hale & Keyser (1993; 1994) entworfene und inzwischen in verschiedenen Varianten entwickelte GG; vgl. einführend Harley Noyer (1999), Embick & Noyer (2006).

Distributed Morphology ist charakteristisch für die Architektur von Modellen, welche auf Konzeptionen der Distributed Morphology beruhen, ist die Annahme, dass syntaktische Terminalsymbole nicht widerspruchslos mit 'Wörtern' gleichgesetzt werden können. Dementsprechend werden in der Distributed Morphology jene sog. lexikalistischen Hypothesen über Wortformationen abgelehnt, die davon ausgehen, dass syntaktisch terminale Knoten mit morphologisch, phonologisch und semantisch spezifizierten (d. h. als gebündelte Informationen in einer Lexikonkomponente gespeicherte 'lexikalisierte') Entitäten besetzt werden.

Kommentare

Das Konzept lexikalisierter Einheiten wird in der Distribuierten Morphologie verworfen, da es auf unterschiedliche, nicht in einer Komponente des Grammatikmodells zu vereinende Phänomene verweist, u. a. beispielsweise auf semantisch-konzeptuelle Idiomatisierungsprozesse, auf formal nicht durch syntaktische Operationen erzeugbare sprachliche Einheiten und auf spezielle wortphonologische Phänomene.

In der Distribuierten Morphologie werden morphologische, phonologische, semantische und sog. enzyklopädische Informationen von 'Wörtern' über mehrere Komponenten des Gesamtmodells systematisch verteilt und in verschiedenen Modulen ('Listen') bereitgestellt, auf welche bei der Ableitung von Sätzen unterschiedliche Strukturebenen geordnet zugreifen – eine Grammatikarchitektur, die als late insertion ('späte Einsetzung') bezeichnet wird: Die generative syntaktische Komponente hat ausschließlich Zugang zu morphologisch-syntaktischen und, je nach Variante, semantischen Informationen über syntaktische Minimaleinheiten, nicht aber zu Informationen über den phonologisch-morphologischen Aufbau von Wortformen und Wortbildungen.

Syntaktische Operationen, welche sich am Minimalismus und an der Optimalitätstheorie orientieren (wie Move α, Merge), erzeugen auf der Basis morphologisch-syntaktischer Merkmale (Liste A) syntaktische Oberflächenstrukturen. Diese unterliegen einerseits (morphologisch-phonologisch irrelevanten) syntaktischen Operationen, die eine Logische Form (LF) generieren, welche die Schnittstelle zum konzeptuellen System bildet.

Andererseits werden syntaktische Oberflächenstrukturen in einer morphologische Struktur (MS) genannten Komponente spezifischen post-syntaktischen und morphologisch-phonologischen Operationen unterworfen (z. B. der Vereinigung ('Fusion') von Terminalsymbolen). Die MS wird in einer (wie im Minimalismus) als spell out bezeichneten Operation mit morphologisch-phonologischen Merkmalbündeln ('Vokabeln') versehen, wobei die hierfür verwendeten Merkmalbündel unterspezifiziert sind (Unterspezifikation) und einem sog. 'Vokabular'-Inventar (Liste B) entstammen. Die hierdurch entstehende, phonologische Form (PF) genannte Strukturebene (Phonologische Komponente) ist die Schnittstelle zum sensorisch-motorischen System. Die auf LF und auf PF vorliegenden syntaktisch-morphologisch-phonologisch formatierten Merkmalbündel werden schließlich mit semantischer Information aus einem enzyklopädischen Inventar (Liste C) versehen:

Abbildung (Siehe Link)

Der Distribuierten Morphologie gelingt durch diese Architektur insbesondere eine gegliederte Zuweisung der diversen Faktoren, welche für phonologische, morphologische, syntaktische und semantische Eigenschaften von 'Wörtern' verantwortlich sind.

Die den Grundkonzeptionen der Distribuierten Morphologie folgenden Arbeiten konzentrieren sich dementsprechend zumeist auf Phänomene, die sich einer die syntaktischen, morphologischen und phonologischen Eigenschaften von Wörtern vereinheitlichenden Konzeption entziehen; detaillierte Explikationen wurden beispielsweise von Phänomenen wie der Distribution von Partikelverben (vgl. Zeller (2001)) oder Klitika vorgelegt, die in Modellen, die keine späte Insertion vorsehen, nur schwer zu erfassen sind. Späte Insertion wird auch in verschiedenen anderen jüngeren Modellen zur Morphologie vorgesehen (vgl. Boucher (2002), Emonds (2002)), z. B. in der sog. Parallel-Morphologie (PM) von H. Borer (1991).

J. Trommer (2004) stellt ein modifiziertes Modell (Distributed Optimality) vor, das durch die Integration optimalitätstheoretischer Prinzipien in die Distribuierte Morphologie ermöglicht, Phänomene, die in der Distribuierten Morphologie durch sprachspezifische Regeln oder Merkmale erfasst werden müssen, auf die Interaktion von verletzbaren, universellen Constraints zurückzuführen.

Link

Distributed Morphology in Norbert Fries, Online Lexikon Linguistik

Literatur

  • H. Borer, The Causative-Inchoative Alternation: A Case Study in Parallel Morphology. LRev 1991/8, 119–158.
  • – Ders ., Structuring Sense. 3 Vols. Oxford 2004 ff.
  • P. Boucher, Many Morphologies. Somerville , Mass. 2002.
  • D. Embick & M. Halle, Word Formation: Aspects of the Latin Conjugation in Distributed Morphology. Berlin 2005.
  • D. Embick & R. Noyer, Distributed Morphology and the Syntax/Morphology Interface. In: G. Ramchand & *C. Reiss (Hg.), The Oxford Handbook of Linguistic Interfaces. Oxford 2006.
  • J. E. Emonds, Lexicon and Grammar: The English Syntacticon. Berlin 2001.
  • M. Halle & A. Marantz, Distributed Morphology and the Pieces of Inflection. In: K. Hale & S. J. Keyser (Hg.), The View from Building 20. Cambridge , Mass. 1993, 111–176.
  • – Dies., Some Key Features of Distributed Nominalisations. In: B. Peeters (Hg.), The Lexicon-Encyclopedia Interface. Amsterdam 2000, 349–374.
  • H. Harley & R. Noyer, State-of-the-Article: Distributed Morphology. GLOT 1999/4.4, 3–9.
  • A. Marantz, No Escape from Syntax: Don’t try Morphological Analysis in the Privacy of your Own Lexicon. In: A. Dimitriadis et al. (Hg.), Proceedings of the 21st Annual Penn Linguistics Colloquium. PWPL 1997/4, 201–225.
  • J. Trommer, Distributed Optimality. Diss. Univ. Potsdam 2004.
  • J. Zeller, Particle Verbs and Local Domains. Amsterdam 2001.